Vorwort
Ladies and Gentlemen,
einen Monat und zehn Tage – solange ist es her, dass ich »Die Ankunft des Drachen« von des High Fantasy-Autors Matthias Lange bestellt habe – und nun ist es endlich so weit: Wir haben eine neue Rezension. Schon im Vorfeld möchte ich sagen, dass dieses Buch mich häufig und auf sehr verschiedene Weisen überrascht hat. Name, Cover, Thematik … von Anfang an war ich mir sicher, dass ich es mit einem klassischen Fantasyroman in einem mittelalterlichen Setting zu tun haben werde – und dann saß der Protagonist in seinem Auto, schaute auf sein Smartphone und hinterließ mich mit einem großen Fragezeichen auf der Stirn. Es war ein genialer Bruch mit der Erwartung und es sollte nicht der letzte gewesen sein, doch seht selbst – ich wünsche euch viel Spaß!
Abschnitt 1: Setting und Stil
Die Handlung des Buches, welches übrigens der erste Teil einer mehrteiligen geplanten Reihe ist, spielt sich zu Beginn auf zwei sehr unterschiedlichen Ebenen ab. Wir haben zwei Protagonisten: Elias, einen moderat abgehalftert wirkenden Mann in seinem normalen Leben in seiner ganz normalen Welt, und Jiana, eine angehende, junge Drachenreiterin in der magischen Welt Alberdon, in der Menschen, Zwerge und Feuer speiende Riesenechsen sich einander die Klinke in die Tür geben. Besonders interessant ist, dass M. Lange es hervorragend gemeistert hat, die Sprachstilistik der jeweiligen Erzählstränge an ihr jeweiliges Setting anzupassen. In der realen Welt wird in einer fließenden modernen Sprache beschrieben, die uns das Gefühl gibt, selbst vor Ort zu sein und einen Ausschnitt aus einem glaubwürdigen, nachvollziehbaren Leben zu beobachten. Das mittelalterliche Alberdon hingegen bietet eine martialische und genretypische Sprache, die das Herz auch eines routinierten High Fantasy-Lesers höher schlagen lässt. Lange hat ein Händchen für schöne Grammatik und hochwertige Sprache, insbesondere auch was Beschreibungen und Atmosphäre angeht – als großer Liebhaber sauberen World- und Characterbuildings kann ich seine Leistung hier sehr hervorheben.
Wer meine erste Rezension gelesen hat, weiß, was jetzt kommt – selbstverständlich wird hier niemals nur Werbung gemacht. Kommen wir zum Luxusgejammer. Wortwiederholungen. Der Feind des unterbezahlten Autors, der sich seine Schreibzeit vom Schlaf absparen muss, um mit seinem Brotjob den notwendigen Vertrieb zu stemmen. Gerade zu Beginn und gegen Ende der Geschichte hat auch »Die Ankunft des Drachen« ein Problem mit sich wiederholenden Begriffen oder häufig gewählten Floskeln. Es gab einzelne Stellen, wo mich das dezent gestört hat – in der Masse ist es aber nichts, was gravierend die Lesequalität beeinflusst. Die überwiegende Zahl der Zeilen ist sauber und schön geschrieben und über kleine Mängel sollte man bei einem doch gleichzeitig relativ umfangreichen und qualitativ guten Gesamtwerk hinwegsehen können. Wie bereits erwähnt sind Grammatik, Syntax und Vokabular einwandfrei und sauber, mir sind jedoch insbesondere in der Mitte des Buches ein paar Rechtschreibfehler aufgefallen, die (von einem einzigen etwas nervigeren Ausnahmefall einmal abgesehen) weder den Lesefluss unterbrochen, noch auf sonst eine Weise erwähnenswert gestört haben.
Abschnitt 2: Handlung
Bei Izzy Kramers "Nephilim" habe ich damals bemerkt, dass es ein Paradebeispiel dafür ist, einen simplen Plot detailliert auszuarbeiten. Interessanterweise ist es bei "Die Ankunft des Drachen" genau das Gegenteil: M. Lange hat eine äußerst komplexe Handlung geschaffen, die aus zwei parallel existierenden, gut ausgearbeiteten Ebenen besteht, und sie so geschickt verpackt, dass es den Lesern keinerlei Schwierigkeiten bereitet, der Geschichte zu folgen und die aufeinanderfolgenden Ereignisse problemlos zu verstehen.
Wie gewohnt werde ich in diesem Format keine Story-Spoiler geben, aber man kann sagen, dass "Die Ankunft des Drachen" mit einigen überraschenden und weitreichenden Wendepunkten aufwartet.
Die Handlung ist wunderbar ausgewogen - es gibt ruhige Szenen, die sich auf Beziehungen und Charakterentwicklung konzentrieren, gut ausgearbeitete Action- und Kampfszenen mit dem perfekten Detailgrad von Blut und Gewalt, sowie tiefgründige Dialoge. In Bezug auf die Handlung verdient der Autor definitiv Lob für seine überdurchschnittliche Umsetzung einer bereits faszinierenden Plot-Idee. :)
Das Ende des Buches ist ziemlich abgeschlossen - es lässt zwar Raum für Vorfreude und deutet unmissverständlich auf einen Nachfolger hin, aber man kann den Roman auch als eigenständiges Werk lesen und genießen. Es gibt hier kaum offene Fragen oder ungelöste Handlungsfäden, was den Lesern besonders während der Wartezeit auf Band 2 entgegenkommt.
Abschnitt 3: Charaktere und ihre Entwicklung
Der Charakter-Cast von »Die Ankunft des Drachen« ist überschaubar, aber angenehm divers. Es fängt bereits bei den beiden Protagonisten an, die ihr Leben und somit ihre gesamten Basics bis zu einem Zeitpunkt X in zwei verschiedenen Welten und Zeitepochen bestreiten. Somit erhält der Text eine Dynamik, die beim Lesen für eine fortwährende gute Unterhaltung sorgt und Ermüdungseffekte, die gelegentlich bei Büchern dieses Umfangs eintreten können, im Keim erstickt. Nebencharaktere gibt es in einem relativ Genre-typischen Umfang und auch sie werden durch Eigenschaften und Sprachstil exzellent ausgeformt (Ein kleines Chapeau übrigens mit dem Schlagwort „Zwerg“ :D ). Die Charakterentwicklung erfolgt stetig und glaubwürdig, die Motive und Handlungsweisen der Charaktere sind zu jedem Zeitpunkt stimmig und nachvollziehbar, selbst wenn äußere Ereignisse mitunter ihr Weltbild ins Wanken bringen können. Auch hier gibt es ein großes Lob, da einer der Charaktere bedingt durch die Handlung einen ungewöhnlich extremen (selbst für Fantasy-Verhältnisse) Wandel seines Lebens aufs Auge gedrückt bekommt – und dennoch ist sein Übergang in diese neuen Bedingungen nahtlos und passend, was ein nicht zu unterschätzender Punkt sein kann. Mit den Charakteren und ihren Entwicklungen bin ich im Gesamten sehr zufrieden und auch dieser Punkt bestärkt mich in meiner Meinung über „Die Ankunft des Drachen“ – ein grundsolides Buch, das sich inhaltlich hinter keiner Verlagsproduktion verstecken muss.
Allgemeine Produktqualität:
»Die Ankunft des Drachen« wurde am 17.01.2023 über BoD veröffentlicht und hat 422 Seiten. Die gesamte Haptik, Erscheinung und Druckqualität des Buches überzeugt und auch das Coverdesign (Genretypisch, mittelalterlich, Glanzdruck) ist klassisch, aber ansprechend. Das Finishing des Buches ist nicht perfekt, aber solide. Es hat ein paar Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler, sowie Wortwiederholungen – diese Dinge halten sich allerdings in einem Rahen, in dem sie nicht besonders ins Gewicht fallen.
Bewertung, Fazit, Kaufempfehlung:
Bewertung
Stil: 8,5/10
Der Stil ist kontinuierlich qualitativ ansprechend und in sich sehr konsistent - ich gebe 8,5 Punkte.
Handlung und Erzählung: 9/10
Zwei wirklich spannende ineinander verwobene Erzählstränge, ein interessanter Twist zu Beginn, ein weiterer gegen Ende - die Erzählung ist mir eine schöne, runde "9" wert!
Charaktere: 9,5/10
Die Charaktere sind für mich der stärkste Aspekt des Buches - sie sind hervorragend ausdefiniert und entwickeln sich sehr glaubhaft, weswegen eine wirklich starke "9,5" drin ist ;)
Produktqualität: 7,5/10
Der einzige etwas schwächere Punkt des Buches, welcher aber bitte nicht gravierend in die Kaufentscheidung mit einfließen sollte - Leute, seid versichert, da ist nichts, was gravierend stört :)
Gesamtwertung: 8,7/10
Fazit und Kaufempfehlung
"Die Ankunft des Drachen" war ein spannender Ausflug in gleich mehrere Welten bzw. Leben. Das Lesen hat mir viel Freude bereitet und ich würde jedem einen Kauf ans Herz legen. Insbesondere als Freunde klassischer Erzählstile (entfernt vergleichbar mit Tolkien) und als Drachenfans ist der Kauf ein absolutes Muss, aber auch der "Mainstream"-Fantasy Nerd kommt hier durchaus auf seine Kosten.
Die Kaufpreise von 15,99€ (Taschenbuch) und 4,99€ (eBook) sind angemessen, womit ich eine volle Kaufempfehlung ohne Einschränkung ausspreche.
Piece Out!
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